
E-Scooter - wer hätte gedacht, dass es noch schlimmer kommen könnte?
Der überarbeitete Entwurf zur Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV) sorgt für Empörung: Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr hat kürzlich eine neue Fassung veröffentlicht, die nach Einschätzung des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes (DBSV) sogar fußgängerfeindlicher sei als die aktuelle Regelung. Besonders betroffen: blinde und sehbehinderte Menschen, deren Belange in dem Entwurf weitgehend ignoriert wurden.
Der DBSV hatte zuletzt im August 2024 an einer offiziellen Anhörung zur Reform der eKFV teilgenommen und zahlreiche Vorschläge zur Verbesserung der Barrierefreiheit eingebracht. Doch wie DBSV-Geschäftsführerin Christiane Möller erklärt, wurden diese Einwände nun "geflissentlich übergangen". Eine erneute Beteiligung der Verbände ist nicht vorgesehen – stattdessen soll der Entwurf nach der Sommerpause direkt ins Bundeskabinett und in den Bundesrat eingebracht werden.
Abstellchaos bleibt ungelöst
Ein zentraler Kritikpunkt betrifft das Abstellen von E-Scootern und Leihrädern auf Gehwegen. Zwar soll dies laut Entwurf als „Sondernutzung“ gelten, die Regelung überlässt es jedoch den Kommunen, wie sie dies umsetzen. „Damit bleibt der Flickenteppich bestehen – und mit ihm das Chaos auf Gehwegen“, so Möller. Der DBSV fordert stattdessen bundesweit einheitliche Vorschriften: Fahrzeuge dieser Art sollen nur noch auf speziell ausgewiesenen Flächen abgestellt werden dürfen.
Gefahrenzonen und Haftung ungeklärt
Besonders problematisch: Künftig sollen private Fahrräder und E-Scooter auf Gehwegen geparkt werden dürfen – solange niemand behindert oder gefährdet wird. Doch wo genau diese Gefährdung beginnt, bleibt unklar. Der DBSV verlangt eine eindeutige Definition in der Straßenverkehrsordnung, etwa mit Blick auf Blindenleitsysteme, Eingänge und Engstellen.
Zudem plant der Entwurf die Streichung der bisherigen Überholabstandsregelung: Der verpflichtende Mindestabstand von 1,5 Metern beim Überholen soll wegfallen – mit potenziell gravierenden Folgen für die Sicherheit. Sanktionen für Verstöße bleiben hingegen lasch: Das Fahren auf unzulässigen Flächen mit Gefährdung anderer soll weiterhin nur 35 Euro kosten.
Auch die rechtliche Lage im Schadensfall bleibt aus Sicht des DBSV inakzeptabel: Nach wie vor ist keine Haftungspflicht für Verleihfirmen vorgesehen. Wer über einen achtlos abgestellten Leih-Scooter stürzt, hat kaum eine Chance, Ansprüche durchzusetzen.
Appell an die Politik
„Der Bundesrat darf diesen Entwurf nicht einfach durchwinken“, mahnt Möller. „Es braucht dringend Nachbesserungen – für mehr Sicherheit und Barrierefreiheit im öffentlichen Raum.“
Die vollständige Stellungnahme mit weiteren Kritikpunkten ist auf der Website des DBSV abrufbar:
DBSV-Stellungnahme zum aktualisierten Referentenentwurf der „Verordnung zur Änderung der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung"
Ansprechpartner
Melanie Wölwer
Pressesprecherin
